Entwicklungstendenzen der Trainings- und Wettkampfsysteme in den Zweikampfsportarten mit Folgerungen für den Olympiazyklus 1996 - 2000

(Developmental trends in training and competition systems of combat sports and conclusions for the Olympic cycle 1996-2000 )

Bei der inhaltlichen und strukturellen Erneuerung der Trainings- und Wettkampfkonzeptionen sollten insbesondere auch im Nachwuchsbereich perspektivische Anforderungsprofile der einzelnen Zweikampfsportarten Berücksichtigung finden. Absehbare internationale Entwicklungen mit Einfluß auf leistungsstrukturelle Komponenten der Strategie und Taktik, der Technik und der konditionellen Voraussetzungen bilden neben den Systemneuorientierungen in den Leistungssportkonzeptionen den Rahmen für die Wirkungssteigerung unserer Trainingskonzeptionen. Folgende Merkmale der internationalen Entwicklung im Olympiazyklus 1996-2000 zeichnen sich ab. · In allen Kampfsportarten ist zukünftig zu erwarten, daß der Trend steigender Entwicklungsraten hinsichtlich des Leistungsniveaus anhält. Dafür spricht, daß die gegenwärtig erfolgreichen Kampfsportländer ihre Positionen halten bzw. ausbauen, und wieder erstarkte Länder (die ehemaligen GUS-Staaten sowie Italien, Frankreich, Niederlande, China, Korea, Japan u. a) ihre Anstrengungen erhöhen werden. · Der fortschreitende Transfer von Trainern und Sportlern aus den ehemaligen GUS-Staaten in andere Länder und der damit verbundene Know-how-Import führt zu einer weiteren Erhöhung des internationale Leistungsniveaus. Druck aus dem IOC, die Teilnehmerfelder zu reduzieren und die Medienwirksamkeit der Sportarten mit den bekannten Begleiterscheinungen der Kommerzialisierung zu erhöhen, werden zu verschärften Konkurrenzsituationen und damit zu härteren Auseinandersetzungen bzw. veränderten Leistungsstrukturen führen. Die internationalen Nominierungskriterien für die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Sydney werden erwartungsgemäß nicht entschärft werden. Der von der FILA und der EABA gewählte Weg der einmaligen Nominierungsmöglichkeit bei einer internationalen Meisterschaft scheint nach den positiven Erfahrungen im Judo und Fechten nicht optimal zu sein. Es ist daher zu erwarten, daß die genannten internationalen Verbände entsprechende Veränderungen vornehmen werden. · Es ist davon auszugehen, daß die Anforderungen an die Strategie und Taktik der Kampfesführung und an die spezifischen konditionellen Fähigkeiten mit Wirkungsbezug zur individuellen technisch-taktischen Handlung im folgenden Zyklus steigen werden. So wird im Boxen die veränderte Kampfzeit von 5x2 Minuten sowohl die Strategie und Taktik der Kampfesführung als auch die Qualität konditioneller Fähigkeiten beeinflussen. Im Fechten und Judo sind die Auswirkungen der im Olympiazyklus 1993-96 veränderten Wettkampfregeln weiterhin sorgfältig zu analysieren, und im Ringen sind trainingsmethodische Schlußfolgerungen unerläßlich, die sich aus der Reduzierung auf 8 Gewichtsklassen ab 1997 und den Empfehlungen des ,Sportartengipfels" 1997 in Rom zur Modifizierung des Ringkampfes ergeben. Wenn man die Erkenntnis, daß eine Kopie einer Konzeption bzw. des Gegnerverhaltens immer nur die zweitbeste Lösung ist, richtig interpretiert, kommt man zu dem Schluß, daß es notwendig ist, einen eigenen nationalen Kampfstil mit jeweiligem individuellen Zuschnitt und technisch-taktischen Akzenten und, davon abgeleitet, eine spezifische nationale Trainingskonzeption zu entwickeln. Ausgehend von der Tatsache, daß die Wettkampfleistung die Effektivität des Trainingsprozesses widerspiegelt, ergeben sich aus aktueller Sicht für die Zweikampfsportarten einige wesentliche Aspekte zur trainingsmethodischen und trainingsorganisatorischen Erneuerung der Leistungssportkonzeptionen für den neuen Olympiazyklus: · Konsequente Ableitung der Trainingsziele und -inhalte sowie kampfstrategischer Aspekte von Tendenzen leistungsstruktureller Entwicklungen sowie von den konkreten Anforderungsprofilen der Weltspitze bei Beachtung individueller Voraussetzungen. · Abstimmung der Ziele und Inhalte des Nachwuchstrainings bzw. des langfristigen Leistungsaufbaus mit der Prognoseleistung im Spitzenbereich. Beseitigung der Leistungsrückstände im Bereich der technischen Vielseitigkeit, der physischen Leistungsvoraussetzungen und in der Wirksamkeit der technisch-taktischen Kampfhandlungen. · Verstärkte Integration des jetzigen Juniorenkaders in die Vorbereitungsprozesse auf die Olympischen Spiele 2000 und in die Prozesse der wissenschaftlichen Begleitung. · Qualifizierung der Trainingsbedingungen unter dem Aspekt der Sicherstellung wettkampfadäquater Belastungsvoraussetzungen (z. B. Entwicklung und Bereitstellung einer optimalen Anzahl qualitativ guter Trainingspartner), Förderung der besten Athleten im Spitzen- und Juniorenbereich durch Teilnahme an internationalen Trainingslehrgängen und Wettkämpfen mit leistungsstarken Partnern bzw. Gegnern. · Verstärkte Mitarbeit der Kaderathleten im mentalen Bereich zur Qualifizierung der individuellen Gegneranalysen, im konditionellen Bereich zur Ausdauer- und Kraftentwicklung und im Regenerationstraining. Mit der Bewältigung dieser ,Hausaufgaben" kann der Sportler in Übereinstimmung mit dem Stützpunkttraining z. B. zur weiteren Steigerung des Trainingsumfanges beitragen. · Qualitäts- und Wirkungssteigerung des individuellen Technik-Taktik-Trainings durch gezielte video- und computergestützte Informationsvermittlung, bewußte Mitarbeit an individuellen technisch-taktischen Schwerpunkten und Erarbeitung individueller Kampfkonzeptionen in Vorbereitung auf Sydney. · Verwertung des technisch-taktischen Know-hows von Spitzenathleten (auch der in den Vereinen verpflichteten ausländischen Kampfsportler) zur Qualitätssteigerung des Technik-Taktik-Trainings der Nachwuchsathleten. · Konsequente Übertragung der internationalen Wettkampfregeln auf nationale Wettkampf-strukturen im Spitzenbereich. · Sinnvolle Einordnung der Bundesligawettkampftermine in die Periodisierung des Jahresleistungsaufbaus (Abstimmung mit übergreifenden Trainingsinhalten, Vermeidung von Widersprüchen in der individuellen Belastungsgestaltung bzw. mit inhaltlichen Entwicklungen von Perspektivkadern). · Weitere konsequente Umsetzung der Individualisierung von Trainingsprozessen der Perspektivkader unter den Aspekten der Belastungssteigerung und Wiederherstellung sowie des individuellen Leistungsaufbaus im Jahres- und Mehrjahreszyklus. · Stabile Sicherstellung eines hohen Grundpotentials der physischen Leistungsvoraussetzungen in den Bereichen technikorientierter Krafteinsatz, Handlungsschnelligkeit und spezielle Ausdauerfähigkeiten. · Vervollkommnung der Methodik der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung unter dem Aspekt des Einsatzes wettkampfadäquater Belastungsformen sowie des Einsatzes wissenschaftlicher Begleitmaßnahmen zur individuellen Leistungsbewertung, zur Objektivierung individueller Belastungs- und Wiederherstellungsprozesse und zur Leistungssteuerung. · Qualifizierung der wissenschaftlichen Begleitungs- und Betreuungsmaßnahmen im Rahmen des Trainer-Berater-Systems mit den inhaltlichen Schwerpunkten der Wettkampfanalytik, der Trainingssteuerung auf der Grundlage von Meßplätzen bzw. speziellen leistungsdiagnostischer Verfahren und der Weiterentwicklung der individuellen Kampfkonzeptionen.
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Aihealueet: valmennusoppi kamppailu-urheilu
Julkaisussa: Zeitschrift für Angewandte Trainingswissenschaft
Julkaistu: Aachen 1996
Vuosikerta: 3
Numero: 2
Sivuja: 168-196
Julkaisutyypit: artikkeli
Kieli: saksa (kieli)
Taso: kehittynyt