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Ethische Aspekte des Sports. Doping, Enhancement, Spitzensport

In den aktuellen Debatten des modernen Hochleistungssports kommt es innerhalb der sportethischen Analysen immer wieder zu zyklischen Diskussionen, die primär durch Skandale aus dem Bereich der sportlichen Lebenswelt ausgelöst werden und daher eine systematische wissenschaftliche Diskussion der dahinter verborgenen Phänomene eher erschweren. Der vorliegende Berichtsband, der die Vorträge, die während einer Tagung des Berliner Forschungszentrums Ethik im Jahr 2014 gehalten wurden, soll zum einen dazu dienen, die langfristig angelegte analytische Auseinandersetzung mit den wesentlichen Fragen der Sportethik zu befördern und zum anderen, Perspektiven für eine Verstetigung des wissenschaftlichen Austausches zu sportphilosophischen Fragen normativen Charakters unabhängig von medialen Skandalszenarien aufzuzeigen. Die Sportethik als eine noch recht junge Bereichsethik beschäftigt sich mit der kritischen Reflexion und Begründung moralischer Normen, die dem menschlichen Handeln in der Lebenswelt des Sports zugrunde liegen. Im ersten Beitrag werden anthropologische, evolutionstheoretische, sportwissenschaftliche sowie ethische Aspekte der sportlichen Lebenswelt diskutiert. Im anschließenden Artikel wendet sich Sandra Ückert einem der wesentlichen Problemfelder, insbesondere des internationalen Spitzensports, zu, denn wer über Ressourcenproblematiken und Wachstumsgrenzen nachdenkt, leistet entweder einen Beitrag zur Ökologie oder eben einen zur Sportethik. Während die ökologischen Fragen etwa großer Sportveranstaltungen dabei durchaus auch mit naturwissenschaftlichen Analyse- und Argumentationsmethoden bearbeitet werden können, bekommt der Grenzbegriff im Bereich der Sportethik zusätzlich einen individualethischen Impetus, denn es stellt sich auch die Frage nach den Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit. Am Anfang einer dezidierten moralischen Auseinandersetzung mit diesem Problemfeld kann und muss die sportwissenschaftliche Analyse stehen. Nach dieser Perspektive aus der Sportwissenschaft wird im anschließenden Beitrag die Frage behandelt, ob und ggf. unter welchen Bedingungen sportethische Fragestellungen sinnvoll bearbeitet werden können. In seinen Ausführungen zur integrativen Ethik des Sports nimmt Volker Gerhardt ebenfalls Bezug zur Tüchtigkeit, um unter Verweis auf bereits in der Antike erfolgte Erweiterungen dieses Begriffes hinsichtlich Selbstherrschaft und Selbsterkenntnis auch seine individuelle philosophische Ideengeschichte sportbezogen darzulegen. Im Anschluss an diese Ausführungen befasst sich Claudia Pawlenka mit den Dialogchancen im fachspezifisch ausdifferenzierten Bereich der angewandten Ethik und diskutiert dabei insbesondere die Frage, inwiefern das Dopingkonzept aus der sportethischen Analyse sowie der Enhancementbegriff der medizinethischen Betrachtungen in einen fruchtbaren Austausch eintreten können. Einen im weitesten Sinne historischen Zugang zur Dopingproblematik findet sich anschließend bei Winfried Joch, in dessen Beitrag weniger die Begründungen für ein Dopingverbot im Sport, auch vorrangig nicht die ethische Bewertung von Doping als einem singulären Ereignis oder als systematische Praxis im Leben von Spitzensportlern im Vordergrund stehen, sondern eine Analyse jener Bedingungen, die zur Dopingmentalität im Spitzensport geführt haben. Joch macht deutlich, dass die Dopingsituation im Spitzensport nicht als eine Konsequenz des "Siegescodes" und des "Steigerungspostulats" interpretiert werden kann, sondern als eine Fehlentwicklung des Spitzensports, deren Grundlage die einseitige Betonung des Erfolgs und die quasi berufsmäßige Sportausübung bildet. Die dadurch bedingte monostrukturierte Zielorientierung moderner Athleten gilt es zu verändern, wenn der moderne Spitzensport auch zukünftig eine gesamtgesellschaftlich tragbare und damit verbunden auch förderwürdige menschliche Lebenspraxis darstellen soll. Damit wird dann der weite Bogen dieses Bandes geschlossen und thematisch wie inhaltlich wird, so ist zu hoffen, eine besondere Herangehensweise an die Themenwelt der Sportethik deutlich.
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Aiheet: moraalinen doping taipumus suorituskapasiteetti kehitys urheilufilosofia
Aihealueet: yhteiskuntatieteet
Toimittajat: S. Ückert, A. Mues, W. Joch
Julkaistu: Frankfurt/Main Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften 2015
Sivuja: 165
Julkaisutyypit: kirja
Kieli: saksa (kieli)
Taso: kehittynyt