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Höher, schneller, weiter. Gentechnologisches Enhancement im Spitzensport. Ethische, rechtliche und soziale Perspektivierungen

Als Schlagwort ist "Gendoping" schon seit einigen Jahren immer wieder in sportlichen Zusammenhängen genannt worden. Wissenschaftler, meistens aus der Sportmedizin und/oder Molekularbiologie, haben insbesondere mit Blick auf den Hochleistungssport ihre Positionen und Sorgen vorgetragen, dass sich durch den manipulativen Missbrauch gentechnologischen Enhancements neue Dimensionen des Dopings auftun und bisher nicht gekannte Gefahren für den Einzelnen und für den Leistungssport insgesamt entstehen können. Zeitlich parallel dazu sind wissenschaftliche Untersuchungen und Entwicklungen, primär außerhalb des Leistungssports vorangetrieben worden, um das Enhancement-Potenzial der Gentechnologie für therapeutische Zwecke (primär in der Humanmedizin) zu erschließen. Aus dieser Perspektive betrachtet, wird die Gentechnologie mit vielen Erwartungen oder gar Hoffnungen verbunden, zumal das für den Sport typische Problem des Missbrauchs (zur illegalen Leistungssteigerung) in diesen Fällen nicht im Vordergrund steht. Allerdings darf auch hier nicht über Risiken und Gefahren hinweggesehen werden, müssen Chancen, Möglichkeiten und Potenziale auch in einem gesellschaftlichen Diskurs betrachtet werden, in dem auch Bedingungen und Grenzen der Nutzung von Gentechnologie aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert und bewertet werden müssen. Diese Debatten bieten dem Sport eine Vielzahl von Möglichkeiten der Beteiligung, aber auch der interdisziplinären Auseinandersetzung mit den verschiedenen Facetten der gentechnologischen Leistungssteigerung, woraus sich wiederum ein entsprechender Nutzen im Meinungsbildungsprozess in den Sportorganisationen und in der Sportpolitik ergeben kann und sollte. Im Sport selbst ist in den letzten Jahren schrittweise aus der anfänglichen, blitzlichtartigen Nennung des Gendopings das Thema "Gendoping" geworden, das inzwischen aber nicht nur als biomedizinisches oder sportwissenschaftliches Thema im Leistungssport betrachtet wird, da es in seinen (befürchteten) Dimensionen weit darüber hinaus geht. Letztlich berührt es die gesellschaftliche Haltung zum Bild vom modernen Menschen und seinen bewussten Handlungen, insbesondere in leistungsbezogenen Kontexten: Woran orientiert sich der Mensch, wenn er Leistungsziele formuliert und nach deren Erfüllung trachtet und warum tut er das? Was ist gesellschaftlich akzeptiert, um Leistungen zu erzielen, zu verbessern oder um im Wettstreit mit anderen (und das nicht nur im Sport) erfolgreich zu sein? Auf welchen ethisch-moralischen Positionen soll die Beantwortung dieser Fragen stehen, wer entwickelt diese Antworten bzw. Argumentationen und wie werden sie an die eigentlichen Adressaten im Sport, an Sportlerinnen und Sportler, Trainerinnen und Trainer, Sportmedizinerinnen und Sportmediziner, Trainingswissenschaftlerinnen und Trainingswissenschaftler transportiert? Und natürlich geht es in diesem Prozess auch darum die Teilfragen zu finden, die von entsprechender Relevanz sind, um tatsächlich Wirkungen bei den Adressaten zu erzielen, um deren Verhalten zu beeinflussen, um bei ihnen Überzeugungen und Haltungen zu erzeugen, die den Gendopingmissbrauch erfolgreich verhindern. Um eine zielführende Diskussion zu führen, ist es gerade im Sport von sehr großer Bedeutung, dass sich Wissenschaftler, Sportpolitiker und Sportpraktiker zusammenfinden. Der Austausch von Wissen und Erfahrungen, die Information über vorherrschende Überzeugungen und Haltungen in der Sportpraxis, die Auseinandersetzung mit den dort wirkenden "Gesetzen" und den Rahmenbedingungen im Training und Wettkampf, das Wissen um typische sportliche Entwicklungsverläufe, auch mit Blick auf die Entwicklung der Persönlichkeit von Sportlerinnen und Sportlern in diesem Prozess kann wichtige Impulse liefern, um zu tragfähigen und akzeptierten Denk- und Lösungsansätzen zu gelangen. Darauf setzen auch die Autoren dieses Sammelbands in ihren 20 Beiträgen, die, was die thematische Vielfalt betrifft, eine bemerkenswerte Breite biomedizinischer Aspekte behandeln, die aber genauso mit dem Blick des Wissenschaftlers auf die ethischen, moralischen, rechtlichen oder medialen Teilthemen schauen und diese mit dem aktuellen Erkenntnis- und Diskussionsstand präsentieren. Aus der Sicht der Sportpraxis sind auch die Themen zu nennen, die sich mit Fragen der Leistungssteigerung im Sport und außerhalb auseinandersetzen oder die sich mit der Talentauswahl im Sport mittels genetischer Selektion befassen. Von grundlegender Bedeutung für den Fortgang der Diskussion in der Gesellschaft bieten sich Beiträge an, die der Frage nachgehen, nach welchen Kriterien zukünftig entschieden wird, was akzeptabel ist und akzeptiert wird, wenn es um gentechnologische Leistungssteigerung geht, wie die Gesellschaft mit genmanipulierten Körpern (auch von Sportlern) umgeht oder was gentechnologisches Enhancement zur Optimierung der Humanleistung insgesamt beitragen kann und soll bzw. wo Grenzen gesetzt werden soll(t)en, um erkennbare Gefahren zu reduzieren bzw. auszuschließen. Insgesamt kann dieser Sammelband sowohl die Gegenwart beeinflussen, seine perspektivischen Wirkungen im Einfluss was in den nächsten Monaten und Jahren wie diskutiert und dann auch praktisch umgesetzt wird, können über die Gegenwart weit hinausgehen. Inhalt S. Körner / S. Schardien: Gentechnologisches Enhancement im Spitzensport - Eine Einführung MYTHEN UND FAKTEN J. Hoberman: Phantasien über »Gendoping« P. Diel: Gendoping - Mythen und Fakten K. Brukamp: Molekulare Grundlagen des Leistungssports: Sinnvolle Anwendungen versus Gendoping H. Forster / P. Simon: Eine kritische Einschätzung der Bedeutung von Gendoping durch Gentransfer aus biotechnologischer Sicht S. Mosler: Leistungssteigerung durch Manipulationen am Myostatin-Signalweg M. Velders: Einfluss von Estrogenrezeptor Agonisten auf regenerative Prozesse der weiblichen Skelettmuskulatur SPITZENSPORT UND HOMO SPORTIVUS S. Körner: Doping im Spitzensport der Gesellschaft H. U. Gumbrecht: Wem gehört der Körper des Sportlers? Zur komplexen Vorgeschichte einer brennenden Frage T. Heinemann: Enhancement im Alltag und im Spitzensport: Avantgardistisches Menschenbild oder Horrorszenario? S. Breitbach: Talentauswahl im Sport mittels genetischer Selektion, molekularer Diagnostik oder Sichtung: Enhancement durch Selektion? I. Glockentöger: Von der geformten Schöpfung zum genmanipulierten Körper. Philanthropisches Körperverständnis als Ansatzpunkt -historische Überlegungen zur gentechnologischen Bemächtigung des Menschen im 21. Jahrhundert GESELLSCHAFTSDISKURSE A. Rose: »Gendoping« im öffentlich-massenmedialen Diskurs D. Magnus: Strafrechtsprobleme des gentechnologischen Enhancements im Spitzensport R. Kretschmann: Genetic Engineering im Sport -Ansätze eines moralisch-kontraktualistischen Zugangs D. Aurenque: Zu welchem (Menschen)Zweck? Ethische und gesellschaftliche Aspekte des »Gendoping« C. Breitsameter: Gendoping im Hochleistungssport aus ethischer Sicht STEIGERUNGSSEMANTIKEN S. Schardien: Sehnsucht nach Mehr. Gentechnologisches Enhancement und theologische Eschatologie im Vergleich M. Arnold: Der Glaube an die Allmacht des ›neuen‹ Menschen: Optimierung des Humanen und ›Human Enhancement‹ U. Dettweiler: Wider die Natur? Vom Sinn und Unsinn des genetischen Enhancements im Sport U. Bittner: »Playing God?« Ethisch-philosophische Reflexionen zu ›Natur‹-Verweisen vor dem Hintergrund gentechnischer Enhancement-Eingriffe
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Aihealueet: teoria ja sosiaaliset perusteet yhteiskuntatieteet biologiset ja lääketieteelliset tieteet
Toimittajat: S. Körner, S. Schardien
Julkaistu: Münster Mentis 2012
Painos: Münster: Mentis, 2012.- 392 S.
Sivuja: 392
Julkaisutyypit: kirja
Kieli: saksa (kieli)
Taso: kehittynyt